Biofilme – die unterschätzte Gefahr

Sorglosigkeit und Unkenntnis bei Trinkwasserhygiene sind Ursache vieler Erkrankungen.

Kommt es beim Betrieb von Trinkwasseranlagen zu längeren Standzeiten (Stagnation) des Trinkwassers in Leitungen, bilden sich an der Tankinnenwand bakteriologische Beläge, sogenannte Biofilme. Hieraus lösen sich Bakterien, die sich im Trinkwasser vermehren. Neben einer geschmacklichen Beeinträchtigung kann dies auch eine Gefährdung für die Gesundheit darstellen.

 

1. Stagnation in Trinkwasseranlagen

Unter Stagnation versteht man den Zustand, in dem kein Trinkwasser aus Leitungen und Behältern entnommen wird. Bei langer Stagnation kann die Trinkwasserqualität in Tank, Leitungen und Armaturen durch Keimvermehrung so beeinträchtigt werden, dass die an das Trinkwasser gestellten Anforderungen zur gesundheitlichen Unbedenklichkeit nicht mehr erfüllt sind. Besonders betroffen ist in diesem Zusammenhang das Trinkwasser in Leitungen von Yachten, Caravans und Wohnmobilen, da - anders als bei der öffentlichen Wasserversorgung - keine dauernde Trinkwasserabnahme gewährleistet ist. Planungs- und Installationsfehler können zusätzliche Stagnationsprobleme schaffen.

 

2. Auswirkungen von Stagnation

Die folgend erläuterten stagnationsbedingten Veränderungen des Trinkwassers (Warmwasser, Kaltwasser) können einzeln auftreten, überlagern sich aber in der Praxis häufig und führen dann zu komplexen Situationen. Meist sind sie nicht gesundheitsschädigend, schränken allerdings den Gebrauch, die Verfügbarkeit und die Appetitlichkeit des Trinkwassers ein. Stagnationsbedingte Veränderungen des Geruchs, des Geschmacks, der optischen Erscheinung und der Temperatur des Trinkwassers sind die Folge.

 

Beispiel Werkstoff

Wassertanks aus Polyester oder Gummi und Kunststoffschläuche aus Weich-PVC können durch Stagnation eine erhebliche geschmackliche Beeinträchtigung des Trinkwassers bewirken, so dass dieses ungenießbar wird. Beim Stagnieren in Metallrohren oder in für den Trinkwassereinsatz nicht zugelassenen Kunststoffrohren und -schläuchen kann das Trinkwasser aus dem jeweiligen Rohrmaterial Stoffe (z. B. Blei, Kupfer, Weichmacher) herauslösen. Gesundheitsgefahren und selbst Vergiftungen können auftreten, wenn das stagnierende Wasser mit unerwünschten Bestandteilen der Werkstoffe von Tank, Leitungen und Armaturen chemisch sehr stark verunreinigt ist.

 

Beispiel Bakterien

Durch stagnationsbedingte mikrobielle Aktivitäten gelangen Stoffwechselprodukte in das Trinkwasser. Diese können starke Gerüche (z. B. nach faulen Eiern) und Geschmacksveränderungen bewirken, sodass die Genussfähigkeit des Trinkwassers beeinträchtigt ist. Beispiel Temperaturveränderungen An nicht dauerhaft benutzten Zapfstellen (Steganlage, Tankstelle) kommt das in der Leitung abgestandene Wasser stagnationsbedingt warm aus der Leitung und wird erst nach längerem Ablauf kühl und appetitlich. In verstärktem, die Gesundheit beeinträchtigendem Maße ermöglichen die Stagnationsbedingungen die Vermehrung krankmachender Mikroorganismen.

 

Beispiel Legionellen

An Zapfstellen von Steganlagen oder Tankstellen, die nicht kontinuierlich benutzt werden, fließt das in der Leitung abgestandene Wasser stagnations- und wetterbedingt warm (30 bis 50 °C) aus dem Hahn. Dies ist die Grundlage für die Ansiedlung und massenhafte Vermehrung verschiedener Mikroorganismen - wie etwa der Legionellen (stäbchenförmige Bakterien) - im Wassersystem. Bereits beim Einatmen kontaminierter Aerosole (Dusche) können so schwerwiegende Infektionserkrankungen der Lunge (Legionärskrankheit) ausgelöst werden.

 

Beispiel Heliobacter

Das Magenbakterium Helicobacter pylori kann selbst in Biofilmen von Trinkwasserleitungen wachsen. Es kann Magengeschwüre und sogar Krebs hervorrufen. Zwar tötet das zumeist chlorierte Trinkwasser das Bakterium im Wasser ab, verhindert aber nicht das weitere Überleben im Biofilm. Es wird möglicherweise ausgeschwemmt und gelangt so über das nicht desinfizierte Trinkwasser direkt in den Magen.

 

3. Werkstoffe für Trinkwasseranlagen

Kunststoffe müssen für den Umgang mit Lebensmitteln zugelassen sein (Gütezeichen), nach den Empfehlungen der Kunststoffkommission verarbeitet werden und dürfen bei der Stagnation von Trinkwasser keine Stoffe abgeben, die eine Gesundheitsschädigung verursachen oder den Genuss von Trinkwasser beeinträchtigen.